Georg Jellinek
Erstpublikation: 06.04.2011
I. Biographie
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Georg Jellinek wurde am 16. Juni 1851 in Leipzig geboren. Er stammte aus einer liberalen jüdischen Familie. Sein Vater Adolf Jellinek (1821-1893) war jüdischer Gelehrter, der zunächst in Leipzig und ab 1856 in Wien wirkte. Jellinek studierte Rechtswissenschaft in Wien, Heidelberg und Leipzig. In Leipzig promovierte Jellinek mit der 1872 publizierten Dissertation Die Weltanschauungen Leibniz und Schopenhauers. Ihre Gründe und ihre Berechtigung. Eine Studie über Optimismus und Pessimismus zum Doktor der Philosophie.
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Nach der juristischen Dissertation in Wien und einem kurzen Zwischenspiel in der österreichischen Verwaltung begann Jellinek seine akademische Laufbahn, die von Beginn an durch antisemitische Diskriminierung überschattet war: 1878 lehnte die Wiener Juristische Fakultät Jellineks Arbeit über Die sozialethische Bedeutung von Recht, Unrecht und Strafe als Habilitationsschrift ab. Dies erscheint angesichts der internationalen Bedeutung, die diese Schrift bis heute in den strafrechtlichen und sozialphilosophischen Diskursen entfaltet, durch nichts gerechtfertigt. Erst mit seiner Arbeit über Die Klassifikation des Unrechts und dem Probevortrag über Absolutes und relatives Unrecht wurde Jellinek 1879 für das Fach Rechtsphilosophie habilitiert. Die Erstreckung der Lehrbefugnis auf das Völkerrecht aufgrund der Monographie Die rechtliche Natur der Staatenverträge wurde 1880 erneut – wiederum antisemitisch motiviert – abgelehnt. Erst für die Publikation seiner Lehre von den Staatenverbindungen erhielt Jellinek 1882 die Lehrbefugnis für allgemeines Staatsrecht und Völkerrecht. Zwischen 1883 und 1889 scheiterte zunächst die Berufung Jellineks zum außerordentlichen und sodann zum ordentlichen Professor an der Wiener Fakultät. Im August 1889 reichte Jellinek seine Demission an der Wiener Fakultät ein. Im November 1889 erklärte die Berliner Juristische Fakultät Jellinek unter Erlass aller Formalitäten für habilitiert.
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Nach einer kurzen akademischen Station in Basel wurde Jellinek im Dezember 1890 zum ordentlichen Professor an der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg berufen. Zusammen mit Max und Alfred Weber, Kuno Fischer, Wilhelm Windelband, Ernst Troeltsch, Emil Lask und Eberhard Gothein entfaltete Jellinek eine europäische und darüber hinaus weltweite wissenschaftliche Ausstrahlung. In Heidelberg schrieb Jellinek seine Beststeller, die auch internationale Beachtung fanden: das System der subjektiven öffentlichen Rechte (1892), Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte (1895), Das Recht der Minoritäten (1898), die Allgemeine Staatslehre (1900), Verfassungsänderung und Verfassungswandlung (1906), Der Kampf des alten mit dem neuen Recht (1907) und Regierung und Parlament in Deutschland (1909). Georg Jellinek starb am 12. Januar 1911 in Heidelberg.
II. Werke
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Georg Jellineks Frühwerk ist durch rechtsphilosophische sowie straf- und völkerrechtliche Schriften geprägt. In seiner strafrechtlichen Monographie Die sozialethische Bedeutung von Recht, Unrecht und Strafe (1887) versteht Jellinek das Recht als „ethisches Minimum“ einer Gesellschaft und entwickelt einen sozialwissenschaftlichen Zugang zur Sozialethik. Damit hat er nachhaltigen Einfluss auf die Straftheorie und Kriminologie sowie die Sozial- und Rechtsphilosophie ausgeübt. Schon zeitgenössisch entfalteten seine Thesen eine internationale Ausstrahlung, etwa auf Emile Durkheim.
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In seiner völkerrechtlichen Studie Die rechtliche Natur der Staatenverträge (1880) stellt sich Jellinek der Frage, wie die rechtliche Bindung souveräner Staaten durch Verträge rechtlich überhaupt gedacht werden kann. Er beantwortet diese Frage mit seinem Konzept der normativen Selbstbindung der Staatsgewalt. Damit entwickelt er in einer ideengeschichtlichen Variation auf Immanuel Kants kategorischen Imperativ ein zwischen Faktizität und Normativität vermittelndes Konzept. Diese Selbstbindungslehre bildet nicht nur den zentralen dogmatischen Grundbaustein der jellinekschen Staatslehre, sondern strahlt bis in das Souveränitätsverständnis aus, das das Bundesverfassungsgericht seinem Urteil zum Vertrag von Lissabon vom 30. Juni 2009 zugrunde legt (BVerfG, NJW 2009, S. 2267 [2270, Rn. 223]). In seiner Lehre von den Staatenverbindungen (1882) bietet Jellinek auf der Basis seiner Selbstbindungslehre eine Typisierung der Staatenverbindungen, deren rechtsvergleichender Zugriff die Bundesstaats- und Völkerrechtstheorie bis heute beeinflusst.
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Mit seiner Studie Ein Verfassungsgerichtshof für Österreich (1885) sowie seinem Gutachten Empfiehlt es sich, die Prüfung der Wahlen für die gesetzgebenden Körperschaften als eine richterliche Tätigkeit anzuerkennen und deshalb der Rechtsprechung eines unabhängigen Wahlprüfungsgerichtshofes zu unterstellen? für den 19. Deutschen Juristentag (1888) entwickelte Jellinek seine rechtspolitische Reputation. Bis heute lesen sich diese Studien, deren konkreter Anlass ein krasser Fall von Wahllistenfälschung im Jahr 1881 war, als grundlegender epistemologischer Beitrag zur rechtspolitischen Begründung von Verfassungsgerichtsbarkeit. Für Jellinek ist das Parlament aufgrund des Einflusses der politischen Parteien zu parteiisch, als dass ihm die rechtliche Prüfung der eigenen Wahl überlassen werden dürfte. Deshalb spricht sich Jellinek dafür aus, die Wahlprüfung einem unabhängigen Verfassungsgerichtshof zu übertragen. Die Pointe der Argumentation Jellineks liegt darin, dass er es durch „politische Weisheit“ für geboten hält, bei der Wahl der Verfassungsrichter einen Parteienproporz zu berücksichtigen, damit die juristischen Entscheidungen des Verfassungsgerichts auch politisch akzeptiert und umgesetzt werden.
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In Gesetz und Verordnung (1887) wendet sich Jellinek einer rechtsdogmatischen Kategorisierung der staatlichen Handlungsformen zu, wobei der politische Grundkonflikt des 19. Jahrhunderts zwischen Parlament und monarchischer Regierung bereits im Buchtitel anklingt.
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Mit dem System der subjektiven öffentlichen Rechte (1. Aufl. 1892, 2. Aufl. 1905) legte Jellinek den Grundstein für die Theorie des subjektiven Rechts, auf dem auch noch die aktuelle Verwaltungs- und Grundrechtsdogmatik aufbaut. Dafür greift Jellinek auf sein Verständnis der normativen Selbstbindung der Staatsgewalt zurück. Doch sein methodologischer Anspruch geht über die schlichte Anknüpfung an die brüchige Traditionslinie Albrecht-Geber-Laband hinaus, wenn er im System eine „Kritik der juristischen Urteilskraft“ bieten will. Diesen neukantianischen Vorsatz löst er auch erkenntnistheoretisch ein, indem er seine Zwei-Seiten-Lehre anhand seines Symphoniebeispiels entwickelt: Ein Gegenstand – eine Symphonie – hat eine naturwissenschaftliche Realität als durch Luftschwingungen erzeugte Tonempfindung, aber ebenso auch eine ästhetische Realität als Kunstwerk. Dieses methodologische Paradigma, nach dem die unterschiedlichen Perspektiven durch den perspektivierten Gegenstand integriert werden, überträgt Jellinek auf den Staat, der demzufolge über eine soziale und eine rechtliche Seite verfügt. Hans Kelsen wird dies bestreiten und vice versa erkenntnistheoretisch behaupten, die jeweilige Perspektive erzeuge ihren „eigenen“ Gegenstand: Staat und Recht seien identisch. Im Gegensatz dazu bringt die Zwei-Seiten-Lehre für Jellinek einen dreifachen Gewinn: Erstens eröffnet sie ihm auf der sozialen Seite die Möglichkeit, die gesellschaftliche und politische Begründung von Herrschaft und Staatlichkeit zu analysieren. Zweitens erlaubt sie ihm auf der juristischen Seite die Rechtsdogmatik, die Jellinek im Anschluss an Carl Friedrich von Gerber und Paul Laband als die normative Entfaltung des Staatswillens begreift. Und drittens zwingt sie ihn, nach einer Vermittlung der beiden Seiten – von Sein und Sollen – zu suchen. Die Selbstbindungslehre ist eine solche Verbindung von Faktizität und Normativität: Der faktische Herrschaftswille reflektiert normativ auf sich selbst und setzt sich in dieser Rechtsbindung als juristische Person Staat in ein Rechtsverhältnis zu seinen Bürgern. Dieses Rechtsverhältnis kategorisiert Jellinek in den vier Typen subjektiv-öffentlicher Rechte: dem status passivus als den Pflichten, dem status negativus als der Freiheit, dem status positivus als den Leistungsansprüchen und dem status activus als den Partizipationsrechten der Bürger.
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Die Beschäftigung mit den Kategorien der subjektiv-öffentlichen Rechte im System mochte Jellinek den Anstoß gegeben haben, sich mit dem politischen Ursprung der Grundrechte auseinander zu setzen. 1895 publizierte er mit Die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte einen Beitrag zur modernen Verfassungsgeschichte. Der Ursprung der Menschenrechte sei – so Jellineks Grundthese – nicht in der französischen Revolution, sondern in den politischen Kämpfen um die Religions- und Gewissensfreiheit und damit vor allem in den nordamerikanischen Konstitutionen zu sehen. Die Auseinandersetzung um die historische Tragfähigkeit dieser These führte zu einer internationalen und interdisziplinären Diskussion, die bis heute nicht abgeschlossen ist. In der zeitgenössischen Kontroverse um 1900 spielten jedoch insbesondere auch nationale, antifranzösische Affekte in Deutschland eine Rolle. Darüber hinaus passte Jellineks These politisch zu einem Deutschen Reich und einer deutschen Staatsrechtslehre, die die universellen Ziele der französischen Revolution nicht anerkennen wollten.
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Nationalistisch gefärbt war auch Jellineks rechtspolitische Intervention in den österreichischen Sprachenstreit in Folge der Badeni-Krise 1897/1898, die an den Rand eines internationalen Konflikts führte. Mit seiner Schrift Das Recht der Minoritäten (1898) nahm Jellinek gegen die amtliche Doppelsprachigkeit von Deutsch und Tschechisch Stellung und rechtfertigte die „Obstruktion der Deutschen“. Obwohl in Jellineks Positionen zum Sprachenstreit eine chauvinistische Grundhaltung irritierend deutlich aufblitzt, prägt sie dennoch nicht seine staatsrechtliche und rechtspolitische Argumentation. Jellinek stellt die zentrale Frage nach dem Verhältnis von Mehrheit und Minderheit im Minoritätenstaat: Die Demokratie lebe davon, dass die Minderheit von heute zur Mehrheit von morgen werden könne. Wenn dies jedoch aufgrund von strukturellen Minderheiten ausgeschlossen sei, müsse die strukturelle Minderheit durch die Anerkennung von Minoritätenrechten vor der Mehrheit geschützt werden.
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In den 1890er Jahren arbeitete Jellinek auch an seinem Hauptwerk: der Allgemeinen Staatslehre (1. Aufl. 1900, 2. Aufl. 1905, 3. Aufl. 1914). In seiner Allgemeinen Staatslehre führt Jellinek die Stränge seines bisherigen Werks zusammen: Im Ersten Buch der Allgemeinen Staatslehre, den methodisch Einleitenden Untersuchungen, reflektiert Jellinek sein bereits zuvor in einer Vielzahl von Werken erprobtes und seit dem System neukantianisch abgesichertes Methodenprogramm. Er präsentiert seinen empirischen, zwischen Erkenntnis- und Werturteil unterscheidenden Wissenschaftsbegriff, führt in die Typenbildung als Grundlage für die soziale wie rechtliche Betrachtung des Staats ein und eröffnet sein erkenntnistheoretisches Zwei-Seiten-Konzept. Er erläutert seine Theorie des institutionellen Zweckwandels sowie seine beiden Regeln zur Bestimmung des Verhältnisses von Staatsrechtslehre und Politik: Erstens soll das politisch Unmögliche nicht ernsthaft Gegenstand juristischer Untersuchung sein; zweitens soll eine Vermutung für die Rechtmäßigkeit des Handelns der obersten Staatsorgane sprechen.
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Im Zweiten Buch, der Allgemeinen Soziallehre des Staates, weist Jellinek in Anknüpfung an seine in den Einleitenden Untersuchungen dargestellte Institutionenlehre den Staat sozial als teleologische Verbandseinheit und juristisch als Körperschaft aus. Sodann unterscheidet er – wiederum im Anschluss an seine Theorie des institutionellen Zweckwandels – zwischen der Rechtfertigungs- sowie der Zwecklehre des Staats und bietet eine an der Stellung des Individuums zum Staat orientierte Staatstypenlehre. Schließlich widmet sich Jellinek dem für sein ganzes Denken zentralen Problem – dem Verhältnis von Staat und Recht: Ausgangspunkt ist seine psychologische Rechtssatzlehre. Hier prägt er die Formel von der „normativen Kraft des Faktischen“, deren Bedeutung für das Staats- und Völkerrecht entfaltet wird. Den intellektuellen Schlussstein der sozialen Staatslehre bildet jedoch die Erläuterung der normativen Selbstverpflichtung des Staatswillens. In dieser Selbstbindung des Staats an sein eigenes Recht liegt der Brückenschlag vom Sein zum Sollen und damit der Schnittpunkt von sozialer und rechtlicher Staatslehre.
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Im Dritten Buch, der Allgemeinen Staatsrechtslehre, konstruiert er zunächst den juristischen Staatsbegriff in der Drei-Elemente-Lehre. Dazu setzt er Staatsvolk, Staatsgebiet und Staatsgewalt in ein Subjekt-Objekt-Verhältnis zur Staatsperson. In dieses Subjekt-Objekt-Verhältnis integriert er nicht nur seine im System begründete Vier-Status-Lehre und seine in der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte entwickelte These vom gewissenhaften Ursprung der Grundrechte, sondern weist als dessen zentralen Fixpunkt die normativ selbstreflexive Staatsgewalt aus. Deren näherer Untersuchung widmet er sich anschießend mit der Präsentation seines rein formal-normativen und wiederum auf den Selbstbindungsgedanken bezogenen Souveränitätsbegriffs. Die Frage nach der rechtlichen Konstruktion der verfassungsrechtlichen Innenorganisation und völkerrechtlichen Außenordnung des Staats sowie nach den Garantien des öffentlichen Rechts runden das Werk ab.
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Mit Hilfe seiner Zwei-Seiten-Lehre sowie seiner Theorie vom Zweckwandel der Institutionen beschrieb Jellinek in Verfassungsänderung und Verfassungswandlung (1906) das Phänomen des Verfassungswandels. Jellinek erfasst den Verfassungswandel in der Vermittlung von Faktizität und Normativität offener als etwa Paul Laband, der zeitgleich Die geschichtliche Entwicklung der Reichsverfassung seit der Reichsgründung analysierte (JöR 1 [1907], S. 1 ff.). Die knapp neunzigseitige Monographie konzentriert eine immense Themenvielfalt: Methodologische Reflexionen über das Verhältnis von Staatslehre und Politik stehen neben materiellen Ausführungen zum Verhältnis von Macht und Recht. Rechtsvergleichend werden Verfassungsänderung und Verfassungswandel typisiert und kontrastiert. Antiparlamentarisch gefärbte Institutionenkritik verbindet sich mit politischen Reformvorschlägen. Schließlich konstatiert Jellinek einen „Verfassungswechsel“: Das Deutsche Reich ist für eine Einführung des Parlamentarismus nach Jellineks Auffassung bereits zu „modern“, so dass sich ein unmittelbares Legitimationsverhältnis zwischen Regierung und Volk entwickeln werde.
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Mit dieser Beschreibung der Erosionen der Legitimationsgrundlagen des späten Kaiserreichs hatte Jellinek zugleich das beherrschende Thema der ihm verbleibenden Lebensjahre gefunden. Es prägte seine Rektoratsrede Der Kampf des alten mit dem neuen Recht (1907). In dieser Schrift gerät Jellinek die Auseinandersetzung mit der „dogmatisch-juristischen Schule der deutschen Staatswissenschaft“ schon fast zur Abkündigung eines historisch überlebten Methodenpostulats. Schließlich sah Jellinek trotz seiner antiparlamentarischen Grundhaltung in seinen rechtspolitischen Stellungnahmen zur Daily-Telegraph-Affäre (1908/1909) letztlich keine politische Alternative zu einer Parlamentarisierung des Deutschen Reiches (Regierung und Parlament in Deutschland [1909]).
III. Hauptthesen
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Die Hauptthesen Jellineks prägen die historische Entwicklung, die dogmatische Kontur und die politischen Fragestellungen des Öffentlichen Rechts bis heute: sein Staats- und Typusbegriff, seine Zwei-Seiten-, Drei-Elemente- und Vier-Status-Lehre, seine Beschreibung des Verhältnisses von Staatsrechtslehre und Politik, seine Staatszweck- und Selbstbindungslehre, seine Erklärung des Ursprungs der Grundrechte, des Verfassungswandels sowie der Verfassungsgerichtsbarkeit, sein Verständnis des Rechts als sozialethisches Minimum und der normativen Kraft des Faktischen, sein Souveränitätsbegriff und seine Völkerrechtstheorie.
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Dieser überwältigende Rezeptionsbefund erklärt sich aus Jellineks Versuch, zwischen Faktizität und Normativität methodisch, begrifflich und konzeptionell zu vermitteln. Die kompaktbegriffliche Vermittlung zwischen Faktizität und Normativität erfolgt durch explikativ offene Gattungstypen. Diese reduzieren begrifflich die Komplexität der sozialen Welt. Sie zeichnen sich deshalb durch ein hohes Maß an argumentativer Anschluss- und flexibler Entwicklungsfähigkeit aus, die ihre zeit- und systemübergreifende Rezeption begünstigen.
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Die methodologische Leistung Jellineks wurde durch die nächste Staatsrechtslehrergeneration bereits wieder in Frage gestellt. Die Kontrahenten des Weimarer Methoden- und Richtungsstreits radikalisierten sich entweder auf der faktischen (Carl Schmitt, Rudolf Smend) oder der normativen Seite (Hans Kelsen). Sie waren sich allein in dem einen Punkt einig, dass Jellineks Vermittlungsversuch zwischen Sein und Sollen methodologisch nicht haltbar sei. Doch wer sich bis heute um eine methodologische, begriffliche und konzeptionelle Vermittlung von Faktizität und Normativität bemüht, wird in Georg Jellinek seinen Klassiker finden.
IV. Bibliographie
1. Georg Jellinek, Schriften (Auswahl)
Jellinek, Georg, Die sozialethische Bedeutung von Recht, Unrecht und Strafe, Wien 1878, Neudruck Hildesheim 1967.
—, Die rechtliche Natur der Staatenverträge. Ein Beitrag zur juristischen Construction des Völkerrechts, Wien 1880.
—, Die Lehre von den Staatenverbindungen, Berlin 1882; Ein Verfassungsgerichtshof in Österreich, Wien 1885.
—, Gesetz und Verordnung. Staatsrechtliche Untersuchungen auf rechtsgeschichtlicher und rechtsvergleichender Grundlage, Freiburg 1887.
—, System der subjektiven öffentliche Rechte, 1. Aufl., Freiburg 1892, 2. Aufl., Tübingen 1905.
—, Die Erklärung der Mensch en- und Bürgerrechte, 1. Aufl., Leipzig 1895, 2. Aufl., Leipzig 1904, 3. Aufl., München 1919.
—, Das Recht der Minoritäten, Wien 1898; Allgemeine Staatslehre, 1. Aufl., Berlin 1900, 2. Aufl., Berlin 1905, 3. Aufl. Berlin 1914.
—, Verfassungsänderung und Verfassungswandlung. Eine staatsrechtlich-politische Abhandlung, Berlin 1906.
—, Der Kampf des alten mit dem neuen Recht, Heidelberg 1907.
—, Regierung und Parlament in Deutschland, Leipzig 1909.
—, Ausgewählte Schriften und Reden, W. Jellinek (Hrsg.), 2 Bände, Berlin 1911.
2. Sekundärliteratur (Auswahl)
Anter, A., Max Webers Theorie des modernen Staates, Berlin 1998.
—, (Hrsg.), Die normative Kraft des Faktischen. Das Staatsverständnis Georg Jellineks, Baden-Baden 2004.
—, PVS 39 (1998), S. 503 ff.
—, Jellinek, Georg, in: Voigt, R. / Weiß, U. / Adorján, K. (Hrsg.), Handbuch Staatsdenker, Stuttgart 2010, S. 195 ff.
Breuer, S., Georg Jellinek und Max Weber, 1999.
Hofmann, H., Jellinek, in: Staatslexikon, 3. Bd., 7. Aufl., Freiburg 1987/1995, Sp. 212 ff.
Kempter, K., Die Jellineks (1820-1955), Düsseldorf 1998.
Kersten, J., Georg Jellinek und die klassische Staatslehre, Tübingen 2000, S. 17 ff.
—, Der Staat 40 (2001), S. 221 ff.
Kettler, D., Die Drei-Elemente-Lehre. Ein Beitrag zu Jellineks Staatsbegriff, seiner Fortführung und Kritik, Münster 1995.
Paulson, S. L. / Schulte, M. (Hrsg.), Georg Jellinek – Beiträge zu Leben und Werk, Tübingen 2000; C. Schönberger, Das Parlament im Anstaltsstaat, Frankfurt 1997.
V. Verwandte Themen
Bürgerrechte | Kelsen, Hans | Menschenrechte | Rechtsstaat | Schmitt, Carl | Staat | Smend, Rudolf | Verfassung | Verfassungsgerichtsbarkeit | Völkerrecht | Weber, Max